Das Umweltforum hat seine Broschüre „Klimaschutz in Mannheim – Energiewende jetzt!“ aktualisiert und 25 Forderungen für den Klimaschutz in Mannheim formuliert. Die Forderungen basieren auf umfangreichen Recherchen zu Daten und Maßnahmen für die Energie- und Verkehrswende in Mannheim. Ein solches Vorgehen vermisst das Umweltforum beim aktuellen Klimaschutzaktionsplan 2030 der Stadt Mannheim. Dort wurden bisher eine Vielzahl von Ideen für den Klimaschutz gesammelt, ohne dass zuvor konkret ermittelt wurde, was aus dem bisherigen Klimaschutzkonzept 2020 in Mannheim bereits umgesetzt wurde und welche Schlussfolgerungen sich daraus ziehen lassen.
So hat die Stadt Mannheim bisher ihr selbstgestecktes Ziel, bis zum Jahr 2020 die Kohlendioxid-Emissionen gegenüber 1990 um 43 Prozent zu senken, nicht erreicht. Bisher ging der CO2-Ausstoß in Mannheim nur um knapp 28 Prozent zurück und seit 2014 gab es kaum weitere Effekte. Der gesamte Energieverbrauch durch Industrie und Gewerbe, Haushalte und Verkehr konnte in Mannheim nur um 2 Prozent reduziert werden. Deshalb fordert das Umweltforum, endlich wichtige Maßnahmen aus dem Dringlichkeitsplan der Stadt Mannheim zum Klimaschutz von 2019 endlich umzusetzen und alle Gemeinderatsbeschlüsse und Bebauungspläne auf Klimaverträglichkeit zu überprüfen.
Bisher werden jedes Jahr nur rund ein Prozent der Gebäude in Mannheim energetisch saniert. Dabei wären umfangreiche Gebäudesanierungen und der ausschließliche Neubau von besonders sparsamen Passivhäusern wichtige Maßnahmen, um den Energieverbrauch zu begrenzen. Hier ist die Mannheimer Klimaschutzagentur gefragt, Hausbesitzer mit Energieberatungsangeboten zu unterstützen. Doch von insgesamt neun Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Klimaschutzagentur sind derzeit nur zwei in der Energieberatung tätig. Dabei steht die neutrale und unabhängige Energieberatung im Gesellschaftsvertrag der Klimaschutzagentur ganz oben auf der Aufgabenliste. Hier fordert das Umweltforum deutlich mehr Engagement.
Gleichzeitig wirbt die MVV, die mit 40 Prozent Gesellschafter der Klimaschutzagentur ist, für den Anschluss an die „grüne“ Fernwärme mit dem Argument, man könne so die aufwändige Wärmedämmung von Gebäuden sparen. Dies ist zum einen kontraproduktiv für die Forcierung notwendiger Energiesparmaßnahmen, zum anderen werden derzeit gerade mal 11,5 Prozent der Fernwärme tatsächlich aus „erneuerbaren“ Quellen wie Biomüll erzeugt. Weitere 14 Prozent der Fernwärme stammt aus Abwärme, die bei der Verbrennung fossilen Restmülls im Müllheizkraftwerk anfällt und damit nicht CO2-neutral ist. Der größte Teil der Fernwärme ist weiterhin Abwärme aus der Kohleverbrennung im Mannheimer Grosskraftwerk (GKM).
Immerhin hat das GKM seine klimaschädlichen Emissionen in den letzten Jahren von mehr als 8 Millionen Tonnen auf 4,2 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr halbiert. Grund dafür ist ein Rückgang bei der Stromerzeugung, da Kohlestrom wegen der Emissionszertifikate zunehmend teurer und damit immer weniger konkurrenzfähig wird. Dagegen ist die MVV Energie AG als international tätiges Unternehmen laut aktuellem Geschäftsbericht für insgesamt 8,9 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr verantwortlich, das heißt für mehr als doppelt so viel Treibhausgas wie das GKM. Davon entstehen allein 332.000 Tonnen fossiles CO2 jährlich bei der „thermischen Abfallverwertung“ im Müllheizkraftwerk auf der Friesenheimer Insel. Der Weg zur Klimaneutralität ist hier noch weit, zumal die MVV derzeit zwei erdgas- und heizölbefeuerte Heizwerke zur Fernwärmebesicherung in Mannheim baut sowie einen Mitteldruckdampfkessel für Industrie-Dampfkunden, ebenfalls mit Erdgas als Brennstoff.
Die Industrie ist in Mannheim für rund 50 Prozent der Treibhausgase verantwortlich. Insgesamt werden von der Industrie und von privaten Haushalten in Mannheim jährlich rund 2 Millionen Megawattstunden Erdgas verbraucht. Hier sind noch erhebliche Anstrengungen zur Energieeinsparung notwendig, was vor dem Hintergrund stark steigender Energiepreise zunehmend wirtschaftlicher wird. Dies gilt auch für den Stromabsatz, der im Portfolio der MVV immer noch zur Hälfte aus fossilen Quellen stammt. Der Stromverbrauch in Mannheim ist in den letzten Jahren um 6 Prozent angestiegen, nicht zuletzt durch den zunehmenden Einsatz von Wärmpumpen in Neubauten, die Klimatisierung von Räumen, den Einsatz von Computern und Servern und die Ausweitung der Elektromobilität. Auch durch die geplante Erzeugung von Wasserstoff wird eine weitere Stromnachfrage erwartet. Hier muss dringend gegengesteuert werden, da das Ausbaupotenzial von Strom aus erneuerbaren Energien begrenzt ist und zu immer mehr Konflikten führt, wie beispielsweise beim Neubau von Windkraftanlagen.
Im Verkehrsbereich gehört der Umstieg auf Verkehrsmittel des Umweltverbundes wie Bus, Bahn und Fahrrad zu den wichtigsten Maßnahmen. Die letzte Umfrage zur Verkehrsmittelwahl in Mannheim aus dem Jahr 2018 zeigt jedoch, dass der Anteil der mit dem ÖPNV zurückgelegten Wege in den letzten Jahren unverändert bei nur 13 Prozent lag. Noch immer wird ein Drittel aller Wege mit dem Auto zurückgelegt, seit 2013 gab es hier keinen Rückgang. Leicht gestiegen von 18 auf 20 Prozent ist der Anteil der Wege per Fahrrad, allerdings ausschließlich zu Lasten des Wegeanteils zu Fuß, was für den Klimaschutz kein Vorteil ist. Für die Verkehrswende muss in Mannheim noch viel getan werden. Dazu gehört beispielsweise die flächendeckende Einführung eines ganztägigen 10-Minuten-Taktes im ÖPNV und der Ausbau und die Sanierung von bestehenden Fahrradwegen.
Die Broschüre: Klimaschutz in Mannheim – Energiewende jetzt!“ in 2. Auflage mit vielen weiteren Daten und Fakten ist als pdf-Datei abrufbar.
Gedruckte Fassungen können per E-Mail angefordert werden bei:
info@umweltforum-mannheim.de